Neue Publikation zur Lage der Vogelwelt in Deutschland

Der Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) und das Bundesamt für Naturschutz (BfN) weisen auf die kürzlich veröffentlichte Publikation „Vögel in Deutschland – Übersichten zur Bestandssituation“ hin, in der die aktuellen Bestandsgrößen und Trends zu allen Brutvögeln Deutschlands und den regelmäßig in Deutschland rastenden Wasservögeln zusammengestellt sind. Anlass für die Aktualisierung der Bestandsgrößen und -trends war der im Oktober 2019 von der Bundesregierung bei der EU-Kommission abgegebene Bericht zur Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie.

Gezählt und erfasst wurden die Vögel überwiegend von Freiwilligen. Tausende Vogelbeobachterinnen und Vogelbeobachter beteiligen sich inzwischen an den bundesweiten Monitoringprogrammen oder geben ihre Gelegenheitsbeobachtungen in die online-Plattform ornitho.de ein.

Brutvögel: Anhaltende Verluste im Offenland, Erholung der Bestände im Wald

Der DDA schreibt: „Bemerkenswert sind auffällige räumliche Unterschiede des Vogelartenreichtums in Deutschland. Artenreiche Vogelgemeinschaften sind beispielsweise in den nordostdeutschen Agrarlandschaften dort erhalten geblieben, wo noch genügend Strukturen mit hohem Wert für Vögel und Insekten vorzufinden sind, wie mageres Grünland, Brachen, breite Ackerrandstreifen und ungenutzte Wegsäume nicht asphaltierter Feldwege. Im dicht besiedelten Westen und vielen Regionen Süddeutschlands haben sie dagegen das Feld bereits geräumt. Dies gilt insbesondere für viele gefährdete Vogelarten wie beispielsweise die Grauammer.

Im Gegensatz zur Agrarlandschaft haben sich die Vogelbestände im Wald und in Siedlungen in den vergangenen Jahren deutlich erholt. Auffällig ist beispielsweise die deutliche Zunahme der Bestände von Waldvogelarten seit 2010. Die Ursachen für diese positive Entwicklung sind noch wenig verstanden. Eine wichtige Rolle spielt sicher das Älterwerden der Wälder und auch höhere Totholzanteile könnten einige Arten gefördert haben.“

Der Mittelspecht – eine relative seltene Vogelart

Das diesem Beitrag vorangestellte Foto eines Mittelspechts hat Frau Ruth Namuth in den ersten Januarwochen dieses Jahres im Bürgerwald Hof Schmetkamp aufgenommen. Nach der erwähnten Bestandsliste gibt es in Deutschland 34.000 bis 61.000 Reviere, zum Vergleich: beim Buntspecht sind es 830.000 bis 1,1 Mio. Beide Spechtarten weisen einen positiven Trend auf.

Der Mittelspecht, so in der Wikipedia, „ist eine in Mitteleuropa relativ seltene Vogelart aus der Familie der Spechte (Picidae). Die Art benötigt zur Nahrungssuche Baumkronen mit grobrindigen Ästen und Stammbereichen. In weiten Teilen des Verbreitungsgebietes zeigt der Mittelspecht daher eine Bindung an alte Eichenwälder, wurde aber in den letzten Jahren auch in naturnahen Laubmischwäldern ohne wesentlichen Eichenanteil festgestellt.“ An anderer Stelle heißt es: „Man geht heute davon aus, dass weniger die Artenzusammensetzung eines Waldgebietes als dessen Alter und die Bewirtschaftungsform für das Vorkommen des Mittelspechts ausschlaggebend sind. Die Art benötigt zur Nahrungssuche Bäume mit grobrissiger Rinde oder stark strukturiertes Totholz. In forstlich bewirtschafteten Wäldern ist die Art daher auf Eichen angewiesen, da nur diese auch bereits in jüngerem Alter ausreichend grobrissig sind. In eichenfreien Wäldern ist außerdem ein ausreichendes Angebot an stehendem Totholz Basis für eine ausreichende Nahrungsgrundlage. Die Art ist demnach weniger an Eichen gebunden als an naturnahe, totholzreiche Wälder und gilt daher heute als Urwaldrelikt.“ (Der sehr ausführliche Lexikonbeitrag über den Mittelspecht zählt zu den als exzellent eingestuften Artikeln.)

Nach einer Übersicht, die die Waldbindung der Brutvögel darstellt, ist der Mittelspecht „vorwiegend im Wald mit Schwerpunkt im geschlossenen Wald“ anzutreffen (siehe BfN-Skript 544). In der aktuellen Roten Liste der Brutvögel Nordrhein-Westfalens findet sich folgender Hinweis: „Der Mittelspecht profitierte von der Alterung der Wälder in NRW. 1997 wurde die Art noch in die Kategorie „Stark gefährdet“ eingestuft, 2008 in die Vorwarnliste und jetzt gilt sie als ungefährdet. Damit dies so bleibt, ist der Erhalt von Altholzbeständen notwendig.“

Links:

BfN: Vogelmonitoring

DDA: Vögel in Deutschland – Übersichten zur Bestandssituation

Direktdownload des Statusreports als PDF

Rote Liste der Brutvogelarten Nordrhein-Westfalens